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Hermann Strauss

Foto: Portrait Hermann Strauss around 1928, © Family archives of Irene Hallmann-Strauss

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Portrait Hermann Strauss um 1905, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss
Portrait Hermann Strauss um 1905, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss

Hermann Strauss (Heilbronn 1868-1944 Theresienstadt), Medizinstudium in Würzburg und Berlin. 1895-1906 Oberarzt in der III. Berliner Medizinischen Universitätsklinik bei Hermann Senator.

Seine Untersuchungen zur Pathophysiologie der Nierenerkrankungen mit der Rest-Stickstoff-Bestimmung und weiterer Parameter waren wegweisende Beiträge zur funktionellen Nephrologie. 1902 fasste er in Die chronischen Nierenentzündungen seine Forschungsresultate zusammen.

1903 machte er erstmalig die kochsalzarme Diät als therapeutisches Prinzip bei der Niereninsuffizienz bekannt. 1898 führte er die Strauss-Kanüle als entscheidende Voraussetzung für routinemäßige laborchemische Blutuntersuchungen, 1903 das Strauss’sche Prokto–Sigmoidoskop, für die folgenden 70 Jahre Standardinstrument für die endoskopische Untersuchung von Rectum und Sigma, ein.

Portrait Hermann Strauss um 1928, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss
Portrait Hermann Strauss um 1928, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss

1895 habilitiert wurde er 1902 a. o. Professor. 1906-1910 Leiter einer Poliklinik und Privatklinik für Innere Medizin. 1910-1942 Chefarzt Innere Medizin am Jüdischen Krankenhaus Berlin. 

Mit Beginn des 1. Weltkrieges 1914 übernahm er militär- und kriegsärztliche Aufgaben und war Unterzeichner der ‚Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches’ vom 23. Oktober 1914 zur Unterstützung des Kaisers und zur ‚Verteidigung deutscher Kultur’.

Später engagierte er sich besonders in der Hufeland-Gesellschaft und der Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Für diese war er als Kongresspräsident der Tagung im September 1933 designiert, aber als Jude wurde er durch die NS-Politik gezwungen, im April 1933 das Amt des Vorsitzenden der Gesellschaft niederzulegen. Im gleichen Jahr wurde ihm die Lehrbefugnis an der Berliner Universität entzogen. Unter immer schwierigeren Bedingungen arbeitete Strauss im Jüdischen Krankenhaus Berlin bis 1942. Eine Emigration lehnte er für sich ab, obwohl ihm von seinen Schülern und Freunden mehrfach dazu geraten wurde.

Bescheinigung der "Jüdischen Selbstverwaltung Theresienstadt" für Prof. Dr. Hermann Strauss als Mitglied des Ältestenrates vom 2.11.1943, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss
Bescheinigung der "Jüdischen Selbstverwaltung Theresienstadt" für Prof. Dr. Hermann Strauss als Mitglied des Ältestenrates vom 2.11.1943, © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss

Hermann Strauss und seine Ehefrau Elsa wurden am 31. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort war er ab Oktober Mitglied des Ältestenrates und Leiter des ‚wissenschaftlichen Ausschusses’ innerhalb des Ghetto-Gesundheitswesens. 74jährig vermittelte er unter den Ghettobedingungen medizinische Kenntnisse und Erfahrungen für die inhaftierten Ärztinnen und Ärzte und Schwestern, war gleichzeitig konsiliarisch tätig und engagierte sich in der  Fürsorge für die älteren Ghettoinsassen. Bei katastrophalen hygienischen Verhältnissen starben im Herbst 1942 sein ebenfalls nach Theresienstadt deportierter Bruder und seine Schwester. Er selbst starb am 17. Oktober 1944 in Theresienstadt an den Folgen eines Herzinfarktes. Seine Frau erlebte zwar noch die Befreiung, starb aber im Juni 1945, bevor sie das Lager verlassen konnte. Eine Tochter war 1938 nach England emigriert; der Sohn Walter Strauss überlebte das „Dritte Reich“, war als Jurist wesentlich an der Formulierung des Grundgesetzes beteiligt und verfügte von 1949 bis 1963 als Staatssekretär im Bundesjustizministerium über beträchtlichen Einfluss.

(Text: Harro Jenss, 2015)

Fundstücke

Verfügung der Geheimen Staatspolizei vom 1. Juli 1942 zur Einziehung des gesamten Vermögens von "Hermann Isr. Strauss", © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss
Verfügung der Geheimen Staatspolizei vom 1. Juli 1942 zur Einziehung des gesamten Vermögens von "Hermann Isr. Strauss", © Familienarchiv Irene Hallmann-Strauss