
Moritz Borchardt
Foto: Portrait Moritz Borchardt | © Bildnachweis beim Autor
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Moritz Borchardt (Berlin 1868–1948 Buenos Aires), absolvierte seine Facharztausbildung bei Ernst von Bergmann in der I. Chirurgischen Universitätsklinik (Ziegelstraße), 1905 a.o. Professor, 1906 Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Rudolf Virchow Krankenhauses Berlin-Wedding, 1920 Direktor der III. Chirurgischen Universitäts-Klinik im Städt. Krankenhaus Berlin Moabit. Pionier der Neurochirurgie: operierte als Erster erfolgreich einen Kleinhirnbrückenwinkeltumor, entwickelte die "Borchardt'sche Fräse" zur Öffnung der Schädeldecke (Grundlage moderner Trepanationsgeräte), erweiterte das Wissen über die peripheren Nerven. Daneben konstruierte er zahlreiche Geräte für die Extremitätenchirurgie. Borchardt galt weit über Berlins Grenzen hinaus als herausragender Operateur: so entfernte er 1922 in Moskau das Geschoß aus Lenins Hals (Attentat von 1918); Reichstagspräsident Paul Löbe wurde 1927 mit einer schweren Blinddarmentzündung sein Patient. 1933 Entlassung als Jude, arbeitete zunächst noch an einer Privatklinik, dann wurde auch seine Lehrbefugnis entzogen. Er emigrierte 1939 als 71-Jähriger nach Argentinien und starb in Buenos Aires an seinem 80. Geburtstag.
(Text: Udo Schagen, 2013)
Fundstück: Berliner Medizinische Fakultät 1927 / Zeichnung Azarij Wolotzky (bitte anklicken zum Vergrößern!)
Von den hier dargestellten 23 Professoren hätten nach 1933 mindestens acht als sogenannte "Nicht-Arier! oder als mit "Nicht-Ariern" verheiratete oder als der SPD angehörig nicht mehr tätig sein können. Es handelt sich in der oberen Reihe um den 1935 in Halle wegen seiner jüdischen Ehefrau abgesetzten Internisten Theodor Brugsch (1878–1963) sechster von links, in der unteren Reihe von links als erster den Internisten und Direktor der III. Medizinischen Universitätsklinik Alfred Goldscheider (1858-1935), den Direktor des Pathologischen Instituts Otto Lubarsch (1860–1933) als fünfter, den Direktor des Hygiene-Instituts Martin Hahn (1865–1934) als zehnter, dahinter den Inhaber des Lehrstuhls für Soziale Hygiene und aktiven SPD-Gesundheitspolitiker Alfred Grotjahn (1869–1931) als elfter, dann den ao Professor für Dermatologie Abraham Buschke (1868–1943) als zwölfter, Moritz Borchardt in der untersten Reihe zweiter von rechts, sowie den Toxikologen Louis Lewin (1850–1929) ganz rechts am Ende des Wagens sitzend. 1927 zogen noch alle gemeinsam, dem Licht der Wissenschaft folgend, den Karren medizinischen Wissens und Könnens "Zum höheren Ruhme der Medizin".