Die Charité – Universitätsmedizin Berlin hat zum Wintersemester die bundesweit erste Professur für Medical Humanities eingerichtet. Die zweijährige Stiftungsgastprofessur ist maßgeblicher Teil des Projekts "GeDenkOrt.Charite – Wissenschaft in Verantwortung" und wird von der Friede Springer Stiftung unterstützt. Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, übernimmt die Professur.
Medical Humanities ist seit einigen Jahren Teil der akademischen Debatte in Deutschland, wenn es um mögliche Defizite in der ärztlichen Ausbildung und der Medizin insgesamt geht. Mit der bundesweit ersten Professur für Medical Humanities erweitert die Charité die Perspektive auf das akademische Feld der Medizin. Das Konzept geht davon aus, dass die Medizin auch von sozialen und kulturellen Komponenten bestimmt ist. Daher benötigten angehende Ärzte auch Kompetenzen, die über die humanbiologischen Kernfächer hinausgehen, um ihrer praktischen Aufgabe in problembewusster und verantwortungsvoller Weise gerecht zu werden. Aktuelle Fragestellungen werden zusätzlich mit einem historischen Blick betrachtet und die Wirkungen und Aspekte der Medizin aus kulturwissenschaftlicher Perspektive thematisiert und unter dem Stichwort "Wissenschaft in Verantwortung" zukunftsorientiert diskutiert. Dabei sollen auch über die Zeitgrenzen von 1933 und 1945 hinaus latent destruktive Potenziale der Medizin erörtert werden.
"Uns geht es um eine sinnreiche und notwendige Ergänzung des Curriculums durch die Möglichkeit, kulturwissenschaftliche Themen der Medizin zu erörtern. Dabei öffnen wir die Perspektive der angehenden Ärzte für Disziplinen wie Philosophie, Geschichte, Literatur oder auch die Bildenden und Darstellenden Künste", erläutert Prof. Schmiedebach die Ausrichtung der neuen Professur.
Thematisiert werden dabei beispielsweise die Arzt-Patienten-Beziehung oder das Erleben und Bewältigen von Krankheit in unterschiedlichen Kulturen sowie die gesellschaftlichen Konzepte der Medizin in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Ziel ist es, weitere humane und moralische Ressourcen für die Medizin zu erschließen, damit Ärzte unter den aktuellen Bedingungen naturwissenschaftlicher Forschung und medizinischer Praxis fähig sind, eine ihrer professionellen Verantwortung entsprechende kompetente Haltung zum Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zu entwickeln.
Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach ist Arzt, Medizinhistoriker und -ethiker. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Medizingeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts, die Psychiatriegeschichte sowie die Medizinethik. Seit 2003 hat er die Professur für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf inne und leitet dort das Institut für Geschichte und Ethik der Medizin.
Medical Humanities
Mit dem englischen Begriff "Medical Humanities" wird ein interdisziplinäres Feld an der Schnittstelle von Medizin und den Humanities bezeichnet. Der angelsächsische Begriff der Humanities vereint alle Wissenschaften mit Bezug auf den Menschen. Dazu gehören z.B. die Psychologie, Pädagogik und die Geisteswissenschaften (einschließlich Philosophie, Ethik, Geschichts-, Sprach-, Kultur-, Religions- und Literaturwissenschaften sowie Kunstgeschichte). Im Weiteren werden auch die Künste (Literatur, Theater, Film und Bildende Kunst) hinzugezählt. Die Medical Humanities versuchen, Antworten auf beispielsweise folgende Fragen zu geben: Was können sie zur Gesundheitspflege beitragen oder was erzählen sie uns über Kranksein und Gesundheit.
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