
Gedenksäulen "Zerstörte Vielfalt" in der Charité
Im Rahmen des Berliner Themenjahres "Zerstörte Vielfalt" hat die Charité – Universitätsmedizin Berlin mit zwei Gedenksäulen ihrer im Nationalsozialismus vertriebenen und zu Tode gekommenen
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Ärztinnen und Ärzte sowie
- Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gedacht.
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Was bedeutet "Themenjahr 'Zerstörte Vielfalt'"?
Das Berliner Themenjahr 2013 mit dem Titel "Zerstörte Vielfalt" hat sich mit der von den Nationalsozialisten nach 1933 zerstörten gesellschaftlichen Vielfalt Berlins auseinandergesetzt.
Der 80. Jahrestag der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und der 75. Jahrestag der Novemberpogrome waren der Anlass für ein Jahr des Gedenkens, der aktiven Auseinandersetzung, der Erinnerung und der Mahnung.
Unter der Überschrift "Das Themenjahr Open-Air" wurden an ausgewählten Orten in Berlin verschiedene Säulen-Ausstellungen installiert. Diese Stadtmarkierungen warfen als thematische Ausstellungen – jeweils vom historischen Ort ausgehend – Schlaglichter auf die Geschichte Berlins in der Zeit des Nationalsozialismus.
An dieser thematischen Ausstellung hat sich die Charité mit zwei Gedenksäulen auf dem Platz vor dem Lehr- und Forschungszentrum der Medizinischen Fakultät „CharitéCrossOver“ beteiligt.
Auf einer Säule sind die Namen der bisher 180 ermittelten Charité-Mitglieder mit ihren biografischen Eckdaten zu lesen. Zudem wird anhand einer Erläuterung in das Thema Ausgrenzung und Vertreibung an der Charité eingeführt. Die Namen der Ermordeten oder durch Suizid zu Tode Gekommenen wurden zusammengetragen.
Auf der zweiten Gedenksäule stehen sechs Biografien exemplarisch für die Schicksale der Verfolgten.
Wie die Säulen-Ausstellungen in der Stadt, waren auch die beiden Gedenksäulen auf dem Charité Campus zunächst nur als temporäre Erinnerungsbilder für das Themenjahr 2013 gedacht. Inzwischen unverzichtbare Zeichen des Gedenkens wurden sie 2017 in beständigem Material erneuert.
Die Großstadt Berlin und ihre Universität – die größte des Deutschen Reiches – hatten es schon im 19. Jahrhundert ermöglicht, dass jüdische Studentinnen und Studenten aus deutschen und europäischen Ländern hier studieren und einen Einstieg in akademische Berufe finden konnten.
Insbesondere das Medizinstudium war für Kinder jüdischer Eltern attraktiv, da es eine Berufstätigkeit unabhängig von einer Anstellung in beamteten Staatsdiensten ermöglichte. Sie waren in eigenen Praxen tätig oder als Assistenzärzte in Krankenhäusern und der Universitätsklinik.
Der Weg in eine verbeamtete Professur gelang nur ausnahmsweise, doch zahlreiche jüdische Mediziner wurden zu außerordentlichen Professoren ernannt. Viele von ihnen verließen aufgrund von rassistischen Anfeindungen die medizinischen Lehr- und Forschungsinstitute bereits Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre, lehrten aber weiterhin an der Hochschule.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten traf das Berufsbeamtengesetz vom April 1933 diese Ärzte als eine der ersten Bevölkerungsgruppen. Unabhängig davon, ob sie in fester oder nur lockerer Bindung an orthodoxe oder reformierte jüdische Gemeinden lebten oder sich für eine christliche Konfession entschieden hatten, verurteilten die Rassegesetze sie in einem ersten Schritt zum Verlust der Anstellung.
In weiteren Schritten folgten der Entzug der Lehrbefugnis und die Aufgabe der ärztlichen Tätigkeit. Tausende Menschen mussten ins Exil – in Länder, wo sie oft nur unter schwierigsten Bedingungen Aufnahme fanden. Sie gingen nach Palästina, England, in die Niederlande, nach Frankreich, in die USA, die Sowjetunion bis hin nach China, Argentinien, Chile und Mexiko.
Viele der verfolgten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten sich nicht rechtzeitig zur Emigration entschließen oder ihnen fehlten die Mittel dazu. Sie wurden in die Konzentrationslager deportiert und fanden dort mit ihren Familien den Tod.
Die Gedenksäulen stehen vor dem Lehr- und Forschungszentrum der Medizinischen Fakultät CharitéCrossOver (CCO) am Campus Charité Mitte, Charitéplatz 1 in 10117 Berlin, Geländeadresse: Virchowweg 6. Die Texte auf den Charité-Säulen können auf Anfrage an presse@charite.de zur Verfügung gestellt werden.