
Zur Geschichte der Kinderklinik
Die Kinderklinik war eines der ersten Gebäude, das im Zuge des großen Umbaus der Charité zwischen 1897 und 1916 errichtet wurde.
Dort tätig waren auch
- Eduard Henoch und
- Otto Heubner.
Sie befinden sich hier:

In dem funktionalen Klinikneubau, der 1903 seiner Bestimmung übergeben wurde, waren die damals neuesten Erkenntnisse der Bakteriologie und der Hygiene auch architektonisch umgesetzt:
- In der Mitte überragte das große Hörsaalgebäude (A) das dreigliedrige Ensemble,
- nach Süden erstreckte sich die Poliklinik (B),
- der Nordflügel (C) entlang der Charitéstraße beherbergte die Krankensäle und
- nach Osten hin war durch einen Laufgang die Quarantänebaracke zu erreichen.
Eduard Henoch

Der Pionier der Kinderheilkunde Eduard Henoch (* 16. Juni 1820 in Berlin; † 26. August 1910 in Dresden) lehrte von 1868 bis 1894 an der Berliner Universität; von 1872 bis 1893 leitete er die Kinderklinik der Charité. Henoch studierte Medizin in Berlin u.a. bei Johann Lukas Schönlein und Moritz Heinrich Romberg. Anschließend arbeitete er als Assistenzarzt in der Poliklinik seines Onkels Romberg und als Armenarzt. In dieser Zeit veröffentlichte er bereits Arbeiten über Kinderkrankheiten. Die Purpura Schönlein-Henoch, eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße, trägt seinen Namen.
1849 beendete er seine Weiterbildung in Innerer Medizin und habilitierte sich im Jahr darauf als Privatdozent. In den folgenden Jahren gab er gut besuchte Lehrveranstaltungen über Kinderheilkunde an der Berliner Universität (Eduard Henoch: Vorlesungen über Kinderkrankheiten, Berlin 1881).
Henoch war eine Größe der Berliner Medizin mit einer maßgeblichen Rolle in der Berliner Medizinischen Gesellschaft. 1868 wurde er in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste zum außerordentlichen Professor ernannt. Der Weg zur ordentlichen Professur blieb dem politisch "liberal" eingestellten, konvertierten Juden allerdings versperrt.
Nachdem er zunächst in eigener Praxis gearbeitet hatte, nahm er 1872 die außerordentliche Professur für Kinderheilkunde wieder auf und wurde Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderkrankheiten der Charité, deren Ausbau er in den folgenden 20 Jahren maßgeblich förderte. Er setzte den Bau eines eigenen Gebäudes für Kinder mit ansteckenden Krankheiten durch, das 1888 fertiggestellt war und den modernen hygienischen Anforderungen entsprach. Im Zuge der Neubauphase der Charité um die Jahrhundertwende wurde das "Henochsche Kinderhospital" abgerissen.
Dem in der medizinischen Welt Berlins als Forscher, Lehrer und Arzt gleichermaßen anerkannten Eduard Henoch wurde anlässlich seines 70. Geburtstages von seinen Kollegen, Schülern und Freunden ein Denkmal gestiftet. Die Büste wurde bei dem Berliner Bildhauer Martin Wolff (1852–1919) in Auftrag gegeben.
Das zuerst vor seinem "Kinderhospital" aufgestellte Denkmal fand ab 1904 seinen Platz vor der neugebauten Kinderklinik. Im Juli 1940 wurde es mit der Begründung, dass es sich um die Darstellung eines jüdischen Wissenschaftlers handele, abgebaut und später vernichtet.
Otto Heubner

Otto Heubner ( 21. Januar 1843 in Mühltroff im Vogtland; † 17. Oktober 1926 in Loschwitz), der 1894 zum ersten Ordinarius für Kinderheilkunde in Deutschland berufen worden war und nach dessen Plänen die neue Kinderklinik errichtet wurde, verwirklichte hier seine Vorstellungen einer modernen Kinderheilkunde in Forschung, Lehre und Krankenversorgung.
Heubners Nachfolger, Adalbert Czerny (1863–1941), der als Ordinarius ab 1910 die Kinderklinik leitete, führte die internationale Bedeutung der Berliner Pädiatrie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts auf ihren höchsten Stand. 1932 übernahm Georg Bessau (1884–1944) die Klinik. Er integrierte die Berliner Pädiatrie aktiv in die NS-Gesundheitspolitik und verantwortete qualvolle Tuberkulose-Impfversuche an behinderten Kindern, die nicht selten nach langer Leidenszeit mit deren Tod endeten.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Klinikgebäude stark beschädigt und war bis auf einen Teil der Räume in der Poliklinik nicht benutzbar. Der Wiederaufbau nach 1945 vollzog sich unter schwierigsten Bedingungen bis Anfang der 1950iger Jahre.

Unter wechselnden Direktoraten profilierte sich die Kinderklinik in den folgenden Jahren – bis 1947 Wilhelm Stoeltzner (1872–1954), danach Karl Klinke (1897–1972), ab 1953 der international durch die Erarbeitung der Grundlagen der Pharmakokinetik bekannte Friedrich H. Dost (1910–1985), von 1960 bis 1972 Josef Dieckhoff (1907–1977), danach bis 1991 Peter Großmann (geb. 1926) und bis 1994 Ernst Ludwig Grauel (1935–2005), insbesondere auf den Gebieten Stoffwechselerkrankungen, Kinderkardiologie, Kindernephrologie einschließlich Dialysezentrum und Neonatologie sowie in der ambulanten Versorgung.
Mit Gerhard Gaedicke (geb. 1944) zog die Kinderheilkunde 1996 an den Campus Virchow-Klinikum der Charité. Der Fakultätsrat der Charité verlieh dem Gebäude 2003 zu seinem 100jährigen Bestehen den Namen "Eduard Henoch-Haus". Heute ist das Gebäude der ehemaligen Kinderklinik Teil des neuen Lehr- und Forschungszentrums der Medizinischen Fakultät "CharitéCrossOver" und beherbergt u. a. das Lernzentrum für die Studierenden.
Otto-Heubner-Denkmal
Das Denkmal Otto Heubners – die Porträtbüste war 1913 von dem Berliner Bildhauer Hugo Lederer (1871–1940) geschaffen worden – hatte 1938 vor dem Gebäude seinen Platz erhalten. Während des Krieges eingelagert, wurde es 1951 zum 25. Todestag Heubners wieder aufgestellt. Nach einer erneuten Einlagerung wegen Bauarbeiten konnte das Denkmal 2013 dank der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und dem Verein "Freunde und Förderer der Berliner Charité e. V." der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden.
Text: Dr. Gerda Fabert, Charité
"Im Gedenken der Kinder. Kinderheilkunde und Nationalsozialismus"

Gedenkfeier anlässlich der Wiederaufstellung der Otto Heubner-Büste
In einer feierlichen Zeremonie wurde am 4. November 2013 die Büste des Begründers der Kinderheilkunde, Otto Heubner (1843–1926), wieder an ihrem angestammten Platz vor der "Alten Kinderklinik" am Campus Charité Mitte aufgestellt. Die vergangenen 15 Jahre hatte das Denkmal im Depot verbracht, um es während der ständigen Bauarbeiten an den Gebäuden rund um den Virchowweg vor Beschädigungen zu schützen. Gleichzeitig widmete die damalige Dekanin der Charité, Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, eine Gedenktafel im Foyer des Gebäudes Eduard Henoch (1820–1910), einem weiteren Vordenker der Kinderheilkunde in Berlin. Weiter lesen...